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Pandemie, Krieg und Inflation machen die Reichsten der Reichen weltweit noch vermögender. Besonders stark geht die soziale Schere in Deutschland auseinander, wie eine Oxfam-Studie zeigt.
Den zunehmenden Abstand zwischen Superreichen und Normalbevölkerung prangert die Entwicklungsorganisation Oxfam an. Zwischen 2020 und 2021 habe „das reichste Prozent der Weltbevölkerung zwei Drittel des gesamten Vermögenszuwachses“ auf dem Globus vereinnahmt. So steht es im neuen Oxfam-Bericht mit dem Titel „Überleben der Reichsten“ (Survival of the Richest), den die Organisation traditionell kurz vor dem Beginn des Weltwirtschaftsforums von Davos herausgibt. Oxfam fordert höhere Steuern auf große Vermögen.
Das WEF beginnt an diesem Montag in der Schweiz – nach der Corona-Pandemie wieder mehr oder weniger im Normalzustand. Ein paar Tausend Manager:innen, Vorstände von Unternehmen und Spitzenpolitiker:innen werden eine Woche über die Weltlage diskutieren. Die globale Ungleichheit ist auch dort ein Thema.
Der Reichtum der Milliardärinnen und Milliardäre sei nicht nur während der Corona-Jahre, sondern infolge des Ukrainekriegs und der Inflation auch 2022 deutlich gestiegen, schreibt Oxfam. „95 Lebensmittel- und Energiekonzerne haben ihre Gewinne im Jahr 2022 mehr als verdoppelt.“ Sie hätten 306 Milliarden US-Dollar an Übergewinnen erzielt und davon 257 Milliarden US-Dollar an ihre Aktionärinnen und Aktionäre ausgeschüttet. Diese Berechnungen basieren auf Vermögensdaten der Schweizer Bank Credit Suisse.
Oxfam kritisiert, dass andererseits „828 Millionen Menschen – also etwa jede zehnte Person auf der Erde – hungern“. Nach Angaben der Weltbank sei das die größte Zunahme der weltweiten Ungleichheit und Armut seit dem Zweiten Weltkrieg. Extremer Reichtum und extreme Armut nähmen gleichzeitig zu, schlussfolgert die Organisation.
Die Entwicklung spiegelt sich laut dem Bericht vor allem auch in Deutschland wider. „Vom gesamten Vermögenszuwachs, der zwischen 2020 und 2021 in Deutschland erwirtschaftet wurde, gingen 81 Prozent an das reichste Prozent der Bevölkerung.“ Die restlichen 99 Prozent der Bürgerinnen und Bürger hätten nur 19 Prozent erhalten. Manuel Schmitt von Oxfam Deutschland forderte, „Konzerne und ihre superreichen Eigentümer müssen endlich einen fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten“. Die Entwicklungsorganisation fordert Instrumente wie die Übergewinnsteuer zur Abschöpfung der Inflationsprofite, höhere Erbschaftssteuern unter anderem für Firmenerb:innen und Vermögenssteuern. Die damit gewonnenen zusätzlichen Mittel sollten die Regierungen zum Beispiel in Bildung und soziale Sicherungssysteme investieren. Eine derartige Gewinnabschöpfung hat die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP für einige Energieunternehmen beschlossen. Ansonsten sind in Deutschland augenblicklich keine Steuererhöhungen für große Einkommen und Vermögen geplant. Auf internationaler Ebene soll bald eine Mindeststeuer für Unternehmen in Kraft treten, die 15 Prozent beträgt.
Hierzulande läuft seit Jahren eine kontroverse Debatte, wie sich die Ungleichheit entwickelt. Während etwa der Sozialverband und die gewerkschaftliche Hans-Böckler-Stiftung ihren Anstieg beklagen, schreibt Markus Grabka vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW): Seit 2005 „stagniert die Ungleichheit der verfügbaren Haushaltseinkommen und legt mit kleineren Schwankungen nur noch leicht zu“. Das Europäische Statistikamt teilte kürzlich mit, während der Corona-Jahre habe die Einkommensungleichheit in der EU nicht wesentlich zugenommen.
Arm und reich
Der Oxfam-Vermögensreport vermittelt einen Überblick über die Entwicklung der sozialen Ungleichheit und ist diesmal besonders eindringlich. Demnach besitzt das reichste Prozent der Weltbevölkerung 45,6 Prozent allen Vermögens.
Das Ziel, extreme Armut bis 2030 weltweit zu beseitigen, sei unerreichbar geworden, sagt die Weltbank. Global steigende Mehrwertsteuern und Preise für Lebensmittel belasten Arme besonders, weil sie höhere Einkommensteile für den täglichen Bedarf ausgeben müssen als Reiche. (tma)
Anders sieht es bei der Ungleichheit der Vermögen aus. Diese liegt in Deutschland mehr als doppelt so hoch wie die Spreizung der Verdienste. Aber auch sie nimmt nach Zahlen des DIW nicht nennenswert zu. Wobei dieser Befund nur die vergangenen zwei Jahrzehnte betrifft. Betrachtet man hingegen die Periode seit dem Zweiten Weltkrieg, ist der Vermögensanteil der Wohlhabenden und Reichen im Vergleich zur ärmeren Hälfte der Bevölkerung stark gewachsen.
Auch in anderen Staaten hat die Ungleichheit der Vermögen zugenommen. In der Phase des sogenannten Neoliberalismus ermöglichten die Regierungen vieler Staaten den Kapitalbesitzer:innen größere Spielräume. Die Steuern auf Vermögen und hohe Einkommen sanken. Hierzulande wird beispielsweise seit 1997 keine Vermögenssteuer mehr erhoben. Zudem versteckten Millionär:innen und Milliardär:innen ihren Reichtum oft in Steueroasen, wo sie kaum Abgaben entrichteten. Auf der anderen Seite nahm die Besteuerung von durchschnittlichen Arbeitseinkommen der normalen Bevölkerung zu, weil die Regierungen die Mehrwertsteuer anhoben.
Author: Shannon Lyons
Last Updated: 1702511042
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